Sie sind hier: fki-online.de / Informationen mit Mehrwert

Urlaubsabgeltung: BAG ändert Rechtsprechung

05.07.12

Ein Arbeitnehmer hatte im Januar 2009 von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Abgeltung von 16 Urlaubstagen verlangt, auf die er am Ende des Arbeitsverhältnisses im Juli 2008 noch Anspruch hatte. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung jedoch mit der Begründung, die Abgeltung sei zu spät eingefordert worden. Mit seiner Klage auf Zahlung der Abgeltung scheiterte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht und vor dem Landesarbeitsgericht. Beide Instanzen folgten der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach wurde der Anspruch auf Urlaubsabgeltung als so genanntes Surrogat betrachtet, also als Ersatz für den nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruch. Damit unterlag der Abgeltungsanspruch den gleichen Fristen aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) wie der Urlaub selbst. Da Erholungsurlaub laut § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss, hätte nach dieser Auffassung die Abgeltung des Urlaubsanspruchs bis zum 31.12.2008 verlangt werden müssen.

In der Revision vor dem BAG hatte der Arbeitnehmer Erfolg und bekam die Abgeltungszahlung zugesprochen (Urteil vom 19.06.2012, Az. 9 AZR 652/10). Das BAG bewertet den Urlaubsabgeltungsanspruch in dieser Entscheidung als reinen Geldanspruch und gibt damit seine bisherige Rechtsprechung auf. Hintergrund ist die seit Anfang 2009 geltende Rechtsprechung der Erfurter Richter zum Urlaubsanspruch bei längerer Krankheit, mit der das BAG unionsrechtliche Vorgaben umgesetzt hat. Danach ist der Abgeltungsanspruch nicht befristet, wenn der Arbeitnehmer über den Übertragungszeitraum hinaus arbeitsunfähig ist. Es gebe keine sachlichen Gründe, warum für arbeitsfähige Arbeitnehmer bei der Urlaubsabgeltung etwas anderen gelte sollte als für arbeitsunfähige Arbeitnehmer, so die BAG-Richter in ihrem aktuellen Urteil. Daher gibt das BAG auch für diese Fälle die Surrogatstheorie auf.

Praxistipp: Nach dem Urteil des BAG können Arbeitnehmer nach dem Ende eines Beschäftigungsverhältnisses die Abgeltung noch bestehender Urlaubsansprüche auch über das Ende des jeweiligen Kalenderjahres hinaus geltend machen. Eine zeitliche Begrenzung existiert mit der Aufgabe der Surrogatstheorie nicht mehr, allerdings kann sich der Arbeitgeber nach drei Jahren auf die Verjährung des Anspruchs berufen. Wesentlich relevanter als die Verjährungsfrist dürfte in der Praxis aber die Anwendbarkeit von vertraglichen Ausschlussklauseln auf den Abgeltungsanspruch sein. Viele Arbeitsverträge enthalten solche Klauseln, in denen die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis nach einer bestimmten Frist – häufig drei bis sechs Monate – ausgeschlossen wird. Bislang waren solche Ausschlussklauseln auf den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht anwendbar, weil im Rahmen der Surrogatstheorie die Fristen des Bundesurlaubsgesetzes galten. Durch die geänderte Rechtsprechung des BAG gilt der Abgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch, auf den auch Ausschlussklauseln anwendbar sind. Forum-F3-Mitglieder sollten deshalb bei offenen Urlaubsansprüchen am Ende eines Beschäftigungsverhältnisses ihren Arbeitsvertrag möglichst kurzfristig den Forum-F3-Juristen zur Überprüfung vorlegen. 



© 2024  Führungskräfte Institut GmbH    Datenschutz | Impressum | Sitemap