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Umgang mit betrieblichen Daten: Unberechtigte Löschung kann Kündigungsgrund darstellen

20.06.23

Das Löschen betrieblicher Daten und E-Mails kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hingegen genügt das bloße Kopieren betrieblicher Daten ohne unzulässige Verwendung dafür nicht, so das Landesarbeitsgericht Hamburg.

Im konkreten Fall hatte sich ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber auf ein viermonatiges Sabbatical verständigt und war daraufhin vom Arbeitgeber aufgefordert worden, das ihm überlassene dienstliche Notebook zurückzugeben. Der Arbeitnehmer kam dieser Aufforderung nach und erklärte zugleich die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum Ende des Sabbaticalzeitraums. Eine technische Prüfung des zurückgegebenen Notebooks durch den Arbeitgeber ergab, dass der Arbeitnehmer vor der Rückgabe des Notebooks sämtliche E-Mails aus dem Posteingangsfach gelöscht hatte. Zudem war mit dem Notebook eine größere Datenmenge von der SharePoint-Plattform des Arbeitgebers gelöscht worden. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Der IT-Administrator des Unternehmens empfahl dem Arbeitgeber zudem nach der fortgesetzten weiteren Untersuchung der Datenverarbeitungsvorgänge, die Untersuchung insbesondere in Bezug auf die Übertragung von Daten auf externe Träger auszuweiten. Ein daraufhin vom Arbeitgeber beauftragtes externes Unternehmen stellte Datenübertragungen auf zwei USB-Sticks und eine externe Festplatte fest.

Vor dem Arbeitsgericht klagte der Arbeitnehmer gegen die vorzeitige Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die fristlose Kündigung. Er habe vor seinem Ausscheiden lediglich die von ihm verwendeten Ordner auf seinem Laptop und sein E-Mail-Postfach aufgeräumt und in diesem Zusammenhang Dokumente und E-Mails gelöscht, soweit deren Aufbewahrung nicht notwendig war. Er habe sämtliche für den Arbeitgeber relevante Dateien in den entsprechenden auf dem SharePoint befindlichen Ordnern gespeichert und keine unternehmensrelevanten Daten unwiederbringlich vernichtet oder von der SharePoint-Plattform des Arbeitgebers gelöscht. Zudem sei beim Unternehmen gängige Praxis gewesen, externe Speichermedien zu verwenden, auch solche, die nicht vom Arbeitgeber ausgehändigt worden seien. Er habe nie die Absicht gehabt, die von ihm kopierten Dateien über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus für sich zu behalten oder diese Dateien einem unbefugten Dritten zugänglich zu machen. Zudem habe er die Datenträger beim Arbeitgeber belassen. Das Unternehmen machte seinerseits gegenüber dem Arbeitnehmer per Klage Herausgabe-, Löschungs- und Unterlassungsansprüche in Bezug auf die betrieblichen Daten und verlangte Schadensersatz für die nach Ausspruch der fristlosen Kündigungen entstandenen Ermittlungskosten einschließlich der Kosten für beauftragte Rechtsanwälte.

Das Arbeitsgericht entschied im Sinne des Arbeitnehmers und stellte fest, dass dessen Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung beendet wurde. Auch die Klage auf Ersatz der entstandenen Ermittlungskosten lehnte das Arbeitsgericht ab. In der Berufung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) das Urteil des Arbeitsgerichtes bestätigt (Urteil von 17. November 2022, Aktenzeichen: 3 Sa 17/22). Zwar sei das unberechtigte Löschen erforderlicher betrieblicher Dateien ein Sachverhalt, der grundsätzlich einen Grund für eine außerordentliche Kündigung abgeben könne. Allerdings genüge es dafür nicht, wenn der Arbeitgeber auf Listen mit gelöschten Dateien und E-Mails verweist, wenn der Arbeitnehmer sich dabei darauf beruft, es handele sich um überholte Entwurfsfassungen, die Dateien seien in den Projektordnern weiterhin vorhanden oder es handele sich um private E-Mails. Der Arbeitgeber hätte aus Sicht des LAGs darlegen müssen, dass die relevanten Daten nicht wie vom Arbeitnehmer behauptet an anderer Stelle im Unternehmen vorliegen und ihm somit nicht mehr zugänglich sind.

Auch das bloße Kopieren von Daten, ohne dass diese dem Zugriff des Arbeitgebers entzogen oder anderweitig rechtswidrig verwendet werden, rechtfertigt laut LAG keine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch fristlose Kündigung wegen einer begangenen erheblichen Pflichtverletzung. Das Unternehmen habe nicht darlegen können, dass sich der Arbeitnehmer pflichtwidrig geweigert hat, in seinem Besitz befindliche Kopien betrieblicher Daten herauszugeben. Dazu hätte der Arbeitnehmer die kopierten Daten aus dem Zugriffsbereich des Arbeitgebers entfernen müssen – etwa durch Mitnahme der Datenträger. Es ist laut LAG Sache des Arbeitgebers, eine vom Arbeitnehmer behauptete Rückgabe kopierter Dateien zu widerlegen.

Die Forderung auf Ersatz der erforderlichen Ermittlungskosten lehnte das LAG ebenfalls ab. Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass zum Zeitpunkt der Durchführung der jeweiligen Ermittlungsmaßnahmen ein konkreter Verdacht eines erheblichen Fehlverhaltens gegen den Arbeitnehmer beständen hätte. Bei Auftragserteilung sei aber kein konkreter Verdacht gegen den Arbeitnehmer hinsichtlich der im Nachhinein festgestellten Übertragung von Daten ersichtlich gewesen.

VAA-Praxistipp: Das Urteil des LAGs Hamburg unterstreicht, dass Arbeitnehmer beim Umfang mit betrieblichen Daten Vorsicht walten lassen sollten, denn die unberechtigte Löschung solcher Daten kann grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellen. Das LAG hat aber zugleich deutlich gemacht: Der Arbeitgeber muss konkret darlegen, welche Daten unwiederbringlich seinem Zugriff entzogen wurden. Des Weiteren ist das bloße Kopieren solcher Daten keinen Grund für eine fristlose Kündigung.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Juniausgabe 2023 veröffentlicht worden.

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Quelle: VAA

 

 



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